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Exklusives Interview mit Florian Haasper über BS+COMPETITION, VCO und ERTA

Als wir die Pressemitteilung der ERTA veröffentlichten, staunten wir doch nicht schlecht über die skeptischen Reaktionen vieler User in den Facebook-Gruppen der Sim-Racing-Community. Um wilden Verschwörungstheorien, wie beispielsweise den potentiellen Einfluss der VCO und BS+COMPETITION auf die ERTA, auch auf Twitter und Instagram nicht zum Opfer zu fallen und das Rätsel etwas zu lüften, was jetzt eigentlich wo passiert und wie dazugehört, riefen wir Florian Haasper - seines Zeichens "Geschäftsführender Redaktionsleiter bürosüd plus" - einfach an. Dabei heraus kam ein spannendes Interview - exklusiv für KEEPONRACING.DE.

BS+COMPETITION, VCO und jetzt ERTA: Das sind ganz schön viele Projekte für Newcomer im Sim-Racing, oder? 

Florian Haasper: „Das mag von außen so aussehen. In Wirklichkeit ist all das das Ergebnis einer logischen Abfolge. Als Kommunikationsagentur ist bürosüd plus seit 2012 im Motorsport unterwegs. Über Projekte mit BMW hatten wir erstmals Kontakt zum Esports Racing. Schnell bekamen wir Lust darauf, Erfahrungen auch aus der Innensicht – und zwar aus der Teamperspektive – zu sammeln. Das war die Geburtsstunde von BS+COMPETITION.“ 

Wie ging es weiter?  

Haasper: „Auf dieser Basis hatten wir dann die Idee, ein eigenständiges Unternehmen zu gründen, das sich einzig und allein dem Esports Racing widmen kann: die Virtual Competition Organisation, kurz VCO. Mit der VCO versuchen wir, unsere Erfahrungen und Stärken ins Sim-Racing einzubringen. Eine professionelle Kommunikation, viele neue Ideen und ein guter Service für Partner und die Community stehen dabei im Vordergrund. Wir haben festgestellt, dass viel davon, was wir im realen Motorsport gelernt haben, auch im Sim-Racing wertvoll sein kann.“ 

Wie kam es dann zur Gründung der ERTA? 

Haasper: „Im Rahmen unserer Arbeit mit der VCO haben wir schnell festgestellt, dass die Teams – und damit auch die Fahrer – im Sim-Racing keine echte gemeinsame Stimme hatten. Jeder wirkte nur auf seine eigenen Projekte fokussiert. Also haben wir nach und nach mit verschiedenen Teams Kontakt aufgenommen, um gemeinsam eine Vision für die Esports Racing Team Association zu entwickeln. Dieser Prozess hat viele Wochen gedauert, jetzt waren wir zusammen soweit, die neue Organisation bekanntzugeben. Die ERTA ist kein VCO Projekt. Wir bieten den Teams lediglich den nötigen kommunikativen Rahmen. Jeder Meinungsäußerung der ERTA wird ein mehrheitlich gefasster Beschluss seiner Mitglieder zugrunde liegen. Das macht es kompliziert, aber nur so haben wir gemeinsam eine Chance auf Erfolg.“ 

Bildquelle: bs-plus.de

Wann wäre die ERTA denn für Sie ein Erfolg? 

Haasper: „Wenn sie dazu beiträgt, dass die Teams und Fahrer beim Wachstum des Esports-Racing-Segments nicht unter die Räder kommen. Es gibt sehr viele verschiedene Parteien, die aus unterschiedlichen Beweggründen wachsendes Interesse am Sim-Racing zeigen. Im Zentrum dieses Sports stehen aber nun mal die Fahrer, die wiederum im Idealfall ein starkes und professionelles Team um sich herum brauchen – zumindest dann, wenn sie Esports Racing auf höchstem Niveau betreiben wollen. Diese Interessen kann die ERTA hoffentlich künftig vertreten. Jedes Gründungsmitglied weiß, dass das keine leichte Aufgabe werden wird. Aber wir versuchen es.“ 

Eine Menge Stimmen innerhalb der Community formen sich im Moment, die dem ganzen sehr skeptisch gegenüberstehen. Alles fokussiert sich doch stark auf die großen Top-Teams. Inwiefern profitiert der allgemeine Sim-Racer und die allgemeinen Teams, die ja den Löwenanteil ausmachen, von der ERTA? 

Haasper: „Ich bin nicht der Sprecher der ERTA, aber ich persönlich halte diese Bedenken für unberechtigt. Die ERTA-Teams haben sich auf einen Prozess geeinigt, um sukzessive weitere Teams aufzunehmen. Das geschieht zu bestimmten Zeitpunkten, damit es operativ umsetzbar ist. Klar ist aber auch, dass man immer mit einem bestimmten Stand beginnen muss, wenn man zusammen etwas Neues aufbauen will. Die Frage, wer am Ende auf welche Weise profitieren wird, stellt sich für mich gar nicht. Es geht bei der ERTA sehr stark um Kommunikation. Die Mitgliederteams können so eine gemeinsame und damit stärkere Meinung äußern – nicht mehr und nicht weniger. Idealerweise haben dann automatisch weitere Teams etwas davon – selbst, wenn sie von der ERTA noch nie etwas gehört haben.“ 

Warum sind es genau diese zwölf Teams zur Gründung geworden – und was müssen neue interessierte Teams mitbringen, um aufgenommen zu werden? 

Haasper: „Es gibt keinen Master-Plan hinter der Auswahl der Gründungsmitglieder. Dies sind die Teams, die im Rahmen der ERTA-Überlegungen in den vergangenen Monaten miteinander ins Gespräch gekommen sind. Fixe Kriterien für eine Aufnahme gibt es nicht. Es muss eben lediglich mehrheitlich beschlossen werden, dass ein neues Mitglied aufgenommen wird.“ 

Es gab ähnliche Pläne beim DMSB, die ISRF hat nicht funktioniert. Warum wird es bei der ERTA besser? 

Haasper: „Ich denke, die ERTA hat eine Chance, weil sie nicht zu viel will. Wenn aus einem Team heraus der Impuls kommt, eine Meinung zu formulieren und die anderen Teams diese dann mittragen und gemeinsam über die ERTA kommunizieren, dann ist die Mission im Grunde schon erfüllt. Wenn es keine Themen gibt, dann werden Sie vielleicht nie wieder etwas von der ERTA hören. Allerdings gehe ich eher davon aus, dass es einiges zu kommunizieren geben wird.“ 

Welche Interessen verfolgen Sie persönlich? 

Haasper: „Mit unseren verschiedenen Projekten verfolgen wir natürlich unterschiedliche Ziele: Mit BS+COMPETITION wollen wir als Team Erfahrungen sammeln und Erfolge sammeln. Die VCO will sich langfristig als Ausrichter bzw. Partner von Sim-Events und Rennserien etablieren, der den Teilnehmern einen echten Mehrwert bringt – und dabei zugleich ein so interessantes Produkt schafft, dass es wiederum für andere Partner interessant wird. Wir wollen verlässliche Standards bieten. Die ERTA entwickelt sich hoffentlich zu einem unabhängigen Sprachrohr für die Teams und trägt damit ebenfalls zur Professionalisierung der gesamten Szene bei.“ 

Geld verdienen wollen sie keines?  

Haasper: „Doch, am liebsten schon. Aber dazu muss sich das gesamte Esports Racing zunächst einmal noch weiter professionalisieren. Aktuell sind zunächst Investitionen nötig, um große Schritte nach vorn zu machen. Im Idealfall schaffen wir so gemeinsam mit allen Beteiligten die nötigen Rahmenbedingungen, damit am Ende alle von der Entwicklung profitieren. Das riesige Wachstum in anderen Bereichen des Esports zeigt, dass da ein riesiges Potenzial ist. Aber der Weg für das Sim-Racing ist definitiv noch weit – und es gibt sicher kein Geheimrezept, mit dem man es sicher hinbekommt. All das gilt natürlich nur für einen bestimmten Bereich des Esports Racing – mit professionellen Serien, Fahrern und Teams. Die Sim-Racing-Community ist ja noch viel größer und besteht seit vielen Jahren. Sie darf dadurch natürlich nicht beeinträchtigt werden und selbst entscheiden, wo sie sich entwickeln will und wo nicht.“ 

Kann man Sim-Racing wirklich verstehen und mögen, wenn man nicht selbst aktiv ist? 

Haasper: „Ich persönlich arbeite seit 2001 im Motorsport – und als Fahrer wäre ich verloren gewesen. So ist es für mich im Esports Racing auch. Am Lenkrad bin ich nahezu talentfrei. Wer aber daraus schließt, dass man deshalb den Sport nicht verstehen und lieben kann, der liegt falsch. Wenn sich das Esports Racing weiter so gut entwickelt, dann werden bald noch viel themenfremdere Player auf der Bildfläche erscheinen. Meine Mannschaft und ich sind auf jeden Fall Racer. Das geht auch, wenn man selbst keine Bestzeiten fährt.“ 

Wir bedanken uns bei Florian Haasper für die spannenden Einblicke in die Arbeit im Rahmen der ERTA sowie in die Aktivitäten und Zielsetzungen von BS+COMPETITION und der VCO .

Das Interview führte Tobias Brockmann für KEEPONRACING.DE.

Mehr zu Florian Haaspers selbst sowie dem Top-Sim-Racing-Team BS+COMPETITION und der VCO wird es in weiteren, exklusiven Beiträgen geben.

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